Osteraufstand 1916: wie ein belächelter Aufstand zur Geburt einer Republik führt

Ist der Osteraufstand von 1916 durch einen genialen militärischen Schachzug in die Geschichtsbücher eingegangen?

Oder etwa durch detaillierte Planung?

Durch absolute Einigkeit unter den Partnern?

Also bitte. Wir reden ja hier von einem durch Iren geplanten und durchgeführtem Aufstand.

Aber wieso führt ein gescheiterter Aufstand einiger hundert tapferen Männer und Frauen trotzdem dazu, dass Jahre später die Republik Irlands ausgerufen werden kann?

Naja. Schuld sind die Engländer. Wie immer. Doch der Reihe nach.

 

All changed, changed utterly / A Terrible beauty is born.

William Butler Yeats
irischer Dichter

 

Wie kam es 1916 zum Osteraufstand in Dublin?

Organisiert wurde „The Easter Uprising“ von einer Hand voller Poeten, Enthusiasten der irischer Sprache, ehemaligen (britischen) Soldaten und einem Marxisten.

Die Aufständischen hatten nichts weniger im Sinn als eine irische Republik auszurufen und die Briten von der Insel zu jagen. So einfach war das aber nicht. Der Zeitpunkt im Frühling 1916 schien aber ideal, da England in den ersten Weltkrieg eingegriffen hatte. Die Ressourcen an Männern und Waffen waren also gebunden. Trotzdem konnten die Engländer noch genügend Truppen nach Dublin bringen um den Aufstand rasch niederzuschlagen.

Interessant ist aber der Fakt, dass wenn die Iren ihrerseits mehr Männer und bessere Waffen zur Verfügung gehabt hätten, die Briten sich einen über die Jahre dauernden Einsatz nicht hätten leisten können.

Kommen wir aber von hätten und würden zu den Fakten des Osteraufstandes.

 

Nach fast 700 Jahren der Unterdrückung und Fremdbestimmung im Namen der englischen Krone war es der liberale britische Premier William Gladstone, welcher 1886 ein selbst ausgearbeitetes Papier ins Kabinett brachte. Die Gesetzesvorlage nannte er Home Rule Bill. Ziel war es den Iren eine gewisse Selbstverwaltung zuzugestehen. Insgesamt gab es bis ins Jahr 1920 vier solche Gesetzesvorlagen. Erst die vierte wurde schliesslich umgesetzt, gab Irland ein eigenes Parlament teilte die Insel aber definitiv in Südirland und Nordirland.

Was ist Home Rule?


 

Über einen Jahrzehnte dauernden politischen Prozess hindurch gelang es den Iren eine gewisse Unabhängigkeit von der britischen Krone zu erreichen. Home Rule hatte das Ziel Selbstverwaltung innerhalb des Vereinigten Königreiches zu erzielen. Der erste britische Politiker, welcher die Idee aufnahm und mit einer Gesetzesvorlage versuchte im Parlament durchzusetzen war der liberale Premierminister William Gladstone. Er versuchte so sich die Stimmen der irischen Vertretern bei der Unterhauswahl im Jahr 1885 zu sichern. Die Vorlage scheiterte zum ersten, aber nicht letzten Mal an der Abstimmung im House of Commons, dem Unterhaus der politisch entscheidenden Kammer des Parlaments des britischen Königreiches.

Insgesamt gab es über die Jahre vier solcher Gesetzesentwürfe. Erst im Jahr 1920 kam während des irischen Unabhängigkeitskrieges die vierte Home Rule vor das Unterhaus. Diese hatte erfolg und führte zum Government of Ireland Act.

Die Folge war, dass die Insel politisch in zwei Teile geteilt wurde. Nordirland und Südirland. Beide erhielten eigenständige Regierungen waren aber nach wie vor dem britischen König unterstellt und hätten weiterhin einen Lord Lieutenant of Ireland gehabt. Dieser Vertrat den König in Irland. Ziel war auch, dass beide Länder eine Anzahl von Parlamentariern ins britische Parlament nach Westminster schicken durften.

Südirland wurde niemals Realität.

Bis auf 4 gewählte Abgeordnete ins britische Unterhaus weigerten sich alle nach Westminster zu gehen und dort der britischen Krone die Treue zu schwören. Stattdessen tagten sie fortan in Dublin, im sogenannten Second Dail.

Vor 1916 gab es also für die Iren die Hoffnung auf Home Rule. Wobei den einen die gemachten Vorschläge genügten, währenddessen die Anderen eine vollständige Unabhängigkeit anstrebten. Die protestantische Mehrheit in der Provinz Ulster (heute Nordirland) lehnte Home Rule kategorisch ab. Sie waren sogar bereit mit Waffengewallt die Zugehörigkeit zu England zu erhalten.

Und so formierten sich vor allem aus katholischen Kreisen (einige der grossen Figuren des irischen Unabhängigkeitkampfes waren aber Protestanten) die sogenannten Republikaner ebenfalls zu Vereinigungen. Diese scheuten den Kampf mit der Waffe nicht. Es entstand unter anderem die Irish Republican Brotherhood.

Irish Republican Brotherhood


Die Bewegung der IRB wurde 1858 in Dublin durch James Stephens ursprünglich als Irish Revolutionary Brotherhood gegründet. Das einzige Ziel der um Stephens hinzugezogenen „Fenians“ und „Irelander“ war eine freie und unabhängige republikanische Regierung in Irland zu installieren.

Die führenden Köpfe waren nicht nur in Irland, sondern auch in den USA zu finden. Was die Findung einer gemeinsamen Strategie nicht gerade einfach machte. So wuchs die Bewegung zwar laufend musste aber auch immer wieder Rückschläge einstecken. Sei es durch gescheiterte Bombenanschläge in den USA, Kanada oder England. Oder den grossen Scheidungsskandal von Charles Stewart Parnell.

Hinsichtlich des Osteraufstandes von 1916 ist es wichtig zu wissen, dass die IRB den Aufstand plante. Durchgeführt wurde er von den Irish Volunteers und der Irish Citizen Army.

Ostern 1916 – der Aufstand

Der Aufstand war von langer Hand geplant und doch schlussendlich bis zur letzten Minute unsicher, ob er überhaupt stattfinden sollte.

Noch in der Nacht zuvor gerieten sich die Führer der Parteien Irish Volunteers (Eoin McNeill, Michael O’Rahilly) und der IRB in die Haare. Währenddem IRB (unter den Anführern Thomas Clark, Sean McDermott und Patrick Pearse) den Aufstand durchführen wollte, waren O’Rahilly und McNeill strikte dagegen. Schliesslich verliessen die beiden letzteren die Sitzung und sagten den Aufstand ab.

So marschierten am Ostermontag 1916 nur ca. 1’600 Freiwillige nach Dublin um dort strategisch wichtige Positionen zu besetzen. Eines dieser Gebäude war das General Post Office (GPO) an der Sackville Street. Diese Strasse war eine der prunkvollsten seiner Zeit in ganz Europa. Vier Tage später lag fast alles in Schutt und Asche. Heute kennen wir die Sackville Street als die O’Connell Street.

Die unterbesetzte und schlecht ausgerüsteten Republikaner hatten gegen die Übermacht der britischen Armee keine Chance. Innert Tagen stockten die Briten ihr Kontingent in Dublin von 1’000 Soldaten auf über 16’000 Mann auf. Sie brachten Kanonenboote den Liffey herauf und sonstiges schweres Artilleriematerial. Die überlebenden Iren kapitulierten, wurden verhaftet und die Anführer zum Tode verurteilt.

Google hat die Ereignisse des Osteraufstandes  wunderbar zusammengefasst und multimedial dargestellt.

http://dublinrising.withgoogle.com

Die Exekution der Anführer und deren Folgen

Die Anführer des Osteraufstandes wurden ins Kilmainham Gaol gebracht. Einige Tage später von einem Militärgericht zum Tod verurteilt und schliesslich im Gefängnishof exekutiert. Genau hier machten die Briten einen grossen Fehler.

Gerade die Dubliner Bevölkerung war dem Aufstand gegenüber nicht gerade gut gesinnt. Schon beim Einmarsch der IRB wurden die Kämpfer mit Hohn und Spott bedacht und vor allem belächelt.

Keiner wusste so richtig was die jungen Männer und Frauen eigentlich im Sinn hatten. Nach der Aufgabe wurden die verbliebenen Aufständischen in diverse Gefängnisse geleitet und dabei mit viel Küchenabfällen, Exkrementen und wiederum viel Spott eingedeckt.

Die Einstellung der Iren gegenüber dem Aufstand änderte sich aber dramatisch als die ersten Anführer, unter Ihnen Padraig Pearse, Thomas Clark und als letzten den schwer verwundeten Connolly exekutiert wurden.

Die Exekutionen, welche erst nach der Durchführung öffentlich bekannt gemacht wurden, führten zu heftigen Protesten in ganz Irland. Sinn Fein erhielt einen grossen Zulauf und an Unterstützung. Bei den Wahlen ins britische Unterhaus im Dezember 1918 erlangte die Partei 73 der 106 irischen Sitze.

Die Abgeordneten nahmen ihre Sitze in Westminster nie ein und tagten unter der Leitung von Eamon de Valera, er wurde als einziger der Anführer nicht zum Tode verurteilt da er US-Bürger war, im Nationalparlament.

 

Auch der irische TV-Sender RTE hat sich natürlich über all die Jahre bereits mit dem Osteraufstand befasst. In einer dreiteilligen Serie erfährst du alles über die Geschehnisse im Detail. Jede Folge dauert ca. 45 Minuten, sind aber sehr sehenswert!

 

Da Grossbritannien dieses Parlament in Dublin, das Dail Eireann und die angestrebte Unabhängigkeit nicht anerkannte, führte dies zum Irischen Unabhängigkeitskrieg. Dieser dauerte von 1919 – 1921.

Die IRA (Irisch Republikanische Armee) erhielt dabei von den Abgeordneten des Dails den Auftrag Krieg gegen britische Einrichtungen in Irland zu führen. Als Chefstratege im militärischen Bereich wurde Michael Collins eingesetzt, der mit immer neuen Taktiken einen Guerilliakrieg gegen die Briten plante und durchführte.

Der Unabhängigkeitskrieg mündete in den Anglo-Irischen Vertrag, mit welchem die Insel politisch geteilt wurde. Nordirland entstand, da Ulster umgehend aus dem Irischen Freistaat austrat. Das Ganze ging leider nicht ohne einen Bürgerkrieg von statten, welcher von 1921 – 1923 wütete. Die Irish National Army unter der Führung von Michael Collins war für den Anglo-Irischen Vertrag, die Irish Republican Army unter dem Befehl von Frank Aiken und Liam Lynch gegen den Treaty.

Als sich abzeichnete, dass keine Partei den Kampf jemals für sich wird entscheiden können schlug der der IRA angehörende Eamon de Valera einen Waffenstillstand vor.

So nach diesem kleinen Exkurs zum Abschluss ist das Wort bei dir. Schreib mir doch kurz einen Kommentar. Was interessiert dich noch an irischer Geschichte und in welchen Themen möchtest du noch tiefer eintauchen?

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