Die kleine Geschichte des grossen irischen Whiskey

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Reto Bachofner
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Wer hats erfunden?

Gestritten wird um diese Frage wohl schon so lange wie der Whiskey, das Wasser des Lebens, überhaupt existiert. Wer hat den Whiskey eigentlich erfunden?

Die Schweizer können als die üblichen Verdächtigen wohl zum Vornherein ausgeschlossen werden. Wir haben uns eher auf gesunde Sachen wie Kräuterbonbons oder heisse Käsegerichte spezialisiert.

Die Engländer waren es auch nicht. Sie diktieren in Irland neue Alkoholsteuern und trugen damit – eher unabsichtlich – zum Aufschwung des irischen Whiskeys bei. Die Japaner haben den Whiskey auch nicht erfunden, obwohl sie in der Destillation von gebranntem Wasser erstaunliche Fähigkeiten entwickelt haben. Wie gewohnt sind die Asiaten aber eher die exzellenten Kopierer.

Dann müssen es die Amerikaner gewesen sein, oder? Auch nicht, da es Whiskey lange vor der Entdeckung Amerikas gab. Zweifelsfrei trug das „Feuerwasser“ aber zur Ausrottung der Indianer bei, welches von den europäischen Siedlern nicht rein zufällig an die Ureinwohner Amerikas abgegeben wurde.

So bleiben als Erfinder des Whiskeys wohl nur noch die Schotten und die Iren übrig.

Und sie streiten sich noch heute darum, wer das “uisce beatha“ erfunden hat.

Die Schotten reklamieren für sich den Whisky erfunden zu haben und stützen sich dabei auf einen Geistlichen aus dem 15. Jahrhundert. Der Benediktinermönch Jon Cor kaufte 500kg Malz um auf Geheiss von König James IV „aquavite“ herstellen zu können. Der Vorgang wurde in den Steuerunterlagen verzeichnet und diese dienen als Beweis der Erfindung von Whisky.

Die Iren wiederum führen ins Feld, dass der Nationalheilige St. Patrick und andere christliche Mönche die Gerätschaften und Kenntnisse in Sachen Destillerie entwickelten. Dabei geht aus der Geschichte nicht hervor, ob es nun die Mönche in Schottland oder in irischen Klöstern waren, welche schlussendlich mit dem Lebenswasser aufwarten konnten.

Verbrieft ist, dass 1608 König James I in der Provinz Ulster die erste offizielle Lizenz für eine Whiskeybrennerei erteilte. Die weltbekannte Destillerie von „Old Bushmills“ im County Antrim rühmt sich nun heute aus dieser Brennerei hervorgegangen zu sein. Bushmills wurde aber erst 1784 offiziell gegründet.

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Schlussendlich spielt es keine Rolle wer den Whiskey nun erfunden hat. Wichtig ist doch, dass es ihn überhaupt gibt – oder? Doch fokussieren wir uns nun auf Irland und steigen ein in die Geschichte des irischen Whiskey.

Aufstieg des irischen Whiskeys

Interessant ist, dass – egal ob Whiskey nun zuerst in Schottland oder in Irland destilliert wurde – der Irische zuerst seinen Siegeszug um die Welt antrat. In Schottland selbst wurde im 18. Jahrhundert vornehmlich irischer Whiskey (damals noch mit der Schreibweise Whisky) konsumiert und selbst der Absatz von importiertem Rum war höher als derjenige des heimischen Whisky. Dank seiner Konsistenz und der hohen Qualität galt der irische Whiskey als sehr gefragt und die besten Destillate stammten von der grünen Insel.

Ausgerechnet die Engländer befeuerten den hohen Konsum von Whiskey aus Irland in aller Welt. Durch die Einführung einer Steuer auf Malz versuchten Irlands Besatzer den schon vorher gewaltigen Absatz des irischen Lebenswassers einzuschränken. Doch die Iren fanden einen Ausweg aus dem Dilemma mit der Malzsteuer. Sie erfanden den „Single Pot Still“. Dieser wird bis heute aus gemälzter und ungemälzter Gerste hergestellt und ist nach wie vor das Alleinstellungsmerkmal der irischen Whiskeyindustrie.

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Zur Zeit nach Einführung der Malzsteuer und der Erfindung des Single Pot Still stieg die Anzahl der offiziellen (und im Geheimen betriebenen) Destillerien auf über Tausend. Andere Quellen sprechen von über 2’000 und glaubt man den Iren dürften es ganz sicher 3’000 gewesen sein. Diese Zahl stammt wohl aber eher aus dem Land der irischen Sagen und Märchen. Oder die Vielzahl der verbotenen Herstellern von „Poitin“ wurde mitgezählt, respektive mitgeschätzt.

Zu dieser Zeit entstanden auch die legendären und später weltbekannten Whiskey-Destillerien von James Powers und John Jameson. Ausgerechnet zu der Zeit der vollen irischen Glückseligkeit (wobei das Wort voll wortwörtlich genommen werden kann) begann sich bereits der Abstieg des irischen Destillats abzuzeichnen. Das Ende des Goldes der Grünen Insel?

Der Abstieg des irischen Whiskey von der Weltspitze

Wie erwähnt wurde bereits Früh seitens der englischen Krone versucht den Iren das Geschäft mit dem Whiskey tüchtig zu vermiesen. Dies indem im Jahr 1643 und 1661 erste oder neue Steuern eingeführt wurden. Später mit der Malzsteuer und der damit verbundenen Erhöhung des Malzpreises. Nicht gerechnet hatten die Engländer mit der irischen Schlau- und Sturheit indem diese kurzerhand zur Gerste anstatt zum Malz griffen. Zu Hilfe kamen den Engländern schliesslich einige Zufälle resp. mehr oder weniger gesteuerte Ereignisse.

Theobald Matthew und seine Abstinenz Kampagne

Alkohol war im frühen 19. Jahrhundert ein grosses Problem in Irland. Noch grösser als heutzutage. Der Geistliche Theobald Matthew, alsbald genannt Father Matthew, begann in Cork mit einer Kampagne. Diese sollte die Eindämmung des Alkoholkonsums in ganz Irland bewirken. Und sie da. „Total Abstinence Society“ war ein voller Erfolg. Die Kampagne, welche simpel „The Pledge“ genannt wurde, hatte zum Ziel alle Leute – egal ob Alkoholiker oder Nichtrinker – ein lebenlang vom Genuss von Alkohol zu befreien oder fernzuhalten. Father Matthew gelang es nicht tausende von seiner Vision zu überzeugen. Es waren Millionen!

Father Matthew
The Pledge – das Versprechen der Abstinenzler

I promise to abstain from all intoxicating drinks except used medicinally and by order of a medical man and to discountenance the cause and practice of intemperance

Seit Beginn der Kampagne im Jahr 1838 bis ca. 1844 traten über 3 Millionen Iren der Abstinenz Kampagne bei. Ein voller Erfolg also, dürfte man meinen.

Die Kehrseite der Medaille war, dass viele Destillerien (und Brauereien) dicht machen mussten. Ausserdem behalf sich der Ire – einmal mehr – einem kleinen Trick um sich trotz des Versprechens zudröhen zu können. Die Iren begannen damit Diethilether mit Wasser zu mischen und dies zu konsumieren. Ob dieses Vorgehen wirklich nur durch Father Matthews Kampagne oder auch einfach durch die hohen Alkoholsteuern befeuert wurden ist historisch nicht aufgezeichnet. Zur allgemeinen Gesundheit trug das Trinken von Ether sicher nicht bei.

Den Niedergang der irischen Whiskeyindustrie wurde durch die Grosse Hungersnot und die darauf folgende Massenemigration aus Irland beschleunigt.

1909 erfolgte der (fast) endgültige Todesstoss durch die “Royal Commission“, welche die Produktion von „Blended Whiskey“ als legitime Form von Whisky gutheisst. Die Iren bekämpften dieses bereits 1826 erfundene Verfahren von Robert Stein zur kontinuierlichen Destillation seit jeher. Der Kornwhiskey kommt in Irland nicht gut an und als man später auf die Produktion von Blended Whiskey umstellen will ist der Weltmarkt bereits zu gesättigt.

Der erste Weltkrieg, der irische Osteraufstand und der Bruderkrieg tun ihr weiteres zum Abstieg des irischen Whiskey vom Weltmarkt hinzu. Zudem ist der Verkauf des irischen Lebenswasser im ganzen Commonwealth verboten.

Der irische Whiskey-Markt heute

Nach dem Krieg machen sich die noch verbliebenen Produzenten das Leben gegenseitig schwer. Jameson und Powers konkurrieren sich – nur durch den Fluss Liffey getrennt – gegenseitig bis aufs Blut. Es kommt zu vielen Zusammenschlüssen und Schliessungen. Der Markt an irischem Whiskey beginnt sich neu zu sortieren.

Während der grossen Prohibition in Amerika weigern sich die Iren Alkohol illegal in die USA zu exportieren und die folgenden Jahre von 1930 – 1960 werden zu den schwierigsten Jahre der leidgeprüften Whiskey Herstellerei in Irland.

Die Wende bringt der Zusammenschluss der verbliebenen, eigenständigen Destillerien zur „Irish Distillers Group“. Die IDG vereinigt die Erzfeinde von Jameson und Powers. Ein Vorgang, welcher noch einige Jahre zuvor schlicht undenkbar gewesen wäre. Zuvor hatten sich in Cork bereits vier grosse Destillerie zusammengeschlossen. Diese traten der IDG bei und die Gemeinschaft wurde 1972 durch die Bushmills erweitert. Das irische Whiskeymonopol war geboren!

Der damit verbundene Erfolg bringt natürlich ausländische Investoren auf den Plan. Pernod Picard, der französische Likör-Konzern, erhält den Zuschlag. Vor dem Mitbietenden Iren John Teeling. Die IDG ist nun nicht mehr in irischer, sondern in französischer Hand!

Teeling gründet aus Trotz eine eigene Firma und investiert sein Geld in Ceimici Teo, einem Hersteller der Alkohol aus Kartoffeln gewinnt. Eine neue, unabhängige irische Destillerie entsteht. Cooley. Im Jahr 2005 muss Pernod aus kartellrechtlichen Gründen Bushmills verkaufen. Der Weltgrösste Spirituosenhersteller schlägt zu. Neben Guinness gehört nun auch die älteste Destillerie der Welt, die Old Bushmills, zum Diaego Konzern. Cooley wurde 2011 an Jim Beam verkauft – man sagt zum Preis von 95 Millionen US-Dollar.

Derweil hat sich John Teeling zurück auf die Wurzeln der ursprünglichen Brennerei in Dublin zurückbesinnt. Die einzige herstellende Destillerie in der irischen Hauptstadt heisst heute schlicht und einfach Teeling und produziert dort ihren irischen Whiskey.

So geht die über Jahrhunderte dauernde Geschichte des irischen Whiskey noch heute weiter. Ein Ende ist nicht abzusehen. Zum Glück.

Slainte!

4 Gedanken zu „Die kleine Geschichte des grossen irischen Whiskey“

  1. Hallo miteinander,
    ich plane, im nächsten Winter ein Whiskeytasting mit irischen Single Malt Whiskeys durchzuführen. Gibt es ein Buch, in welchem speziell die irischen Brennereien vorgestellt werden? Beste Grüße Christian Hens

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