Heute starten wir bereits in die fünfte Woche unserer neuen Lebens in Irland. Obwohl Anfangs etwas holperig, darf man diesen als gelungen Bezeichnen. Arbeit ist ok, für das Haus haben wir den Mietvertrag unterschrieben, ein eigenes Auto haben wir (mitsamt Versicherung) und auch erste zage Kontakte mit Einheimischen geknüpft. Wir tasten uns langsam vor.
Thommy, Guinness und die Frau aus Lettland
Vor einigen Tagen tauchte Thommy bei uns auf. Er wohnt bei uns in der Nähe in einem der Häuser die Strasse runter. Thommy bietet sich an uns Holz zu verkaufen, schliesslich dauert es wohl noch ein Weilchen bis der irische Frühling da ist. Derek, unser Landlord, erzählt uns später Thommys Geschichte.
Thommy war früher ein Trinker. Einer wie er im Buche steht und wie man sich vielleicht einen typischen Iren halt so vorstellt. Trinkfest und Redselig. Und trinkfest. Was meiner Ansicht nach ein Gerücht ist. Thommys Heimweg führte ihn desöftern in den nächsten Strassengraben. Hier blieb er liegen bis ihn ein Autofahrer entdeckte und nach Hause brachte. Eines Tages beschloss Thommy mit dem Trinken aufzuhören. Er wollte sich eine Frau suchen. Im ländlichen Irland einfacher gesagt als getan. Dank moderner Technik fand Thommy aber sein Glück. Einer seiner Freunde eröffnete ihm im Internet ein Profil. Thommy selber hatte weder von Computern noch von Internet eine Ahnung. Auf diese Weise aber lernte Thommy eine Frau aus Lettland kennen. Die Chats verliefen gut und so beschloss Thommy die Frau in deren Heimat zu besuchen. Schliesslich blieb er einige Wochen auf Probe dort. Heute lebt Thommy, der ehemalige Trinker und von Computer keine Ahnung habend, mit seiner lettischen Frau und dem gemeinsamen Kind glücklich in seinem Haus – gleich die Strasse runter.
Ich finde dies eine schöne Geschichte von einem der sein Leben in die Hand nimmt, sich dank Freunden mit neuer Technik vertraut macht und sich wagt jemanden zu treffen, welcher tausende Kilometer weit weg wohnt. Es ist die Geschichte von Thommy. Hier in der Umgebung gibt es nur einen mit dieser Geschichte. Es ist Thommys Geschichte.
Der Mietvertrag ist unter Dach und Fach
Einen Meilenstein in unserer Geschichte hier in Irland haben wir selbst gelegt. Mit dem Unterschreiben des Mietvertrages für unser Haus fühlen wir uns gleich etwas mehr heimisch. Wir sind angekommen und können sesshaft werden. Mit dem Wissen nun einen festen Wohnsitz zu haben, lassen sich alle anderen Dinge gleich ruhiger angehen. Mittlerweile habe ich einen guten Broker für Autoversicherungen gefunden und dort einen netten und hilfsbereiten Kontakt. Die Versicherung ist nun definitiv. Ein irisches Bankkonto nenne ich auch mein Eigen. PPS Nummer ist auch vorhanden.
Eigentlich ist alles relativ einfach zu haben. Es ist alles unkomplizierter und unbürokratischer als z.B. in der Schweiz. Wichtig ist eine geprüfte Adresse zu haben. Will heissen, dein Name mit deiner Wohnadresse muss auf einem offiziellen Schreiben draufstehen. Dies kann ein Mietvertrag oder eine Rechnung, zum Beispiel des Stromversorgers, sein.
Wort des Tages – Whatever!
Es heisst ja, dass man in einem irischen Pub nie lange alleine ist und relativ schnell mit Einheimischen in Kontakt kommt. Wer nicht gerade in einem von Touristen überlaufenen Pub in Dublin landet, der wird sicherlich in den Genuss irischer Gastfreundschaft kommen.
So ist unser Lieblingspub das Charlie Madden in Timoleague. Die Besitzer Sheila und Simon kennen wir bereits seit letztem Sommer. Der Namensgeber der Bar und ehemalige Besitzer Charlie beschränkt sich mittlerweile auf das Nachlegen von Holz in den offenen Kamin respektive in den Ofen.
Dies obwohl meist bereits mehr als genug Holz und Kohle drin ist. Charlie mag es gerne warm. Wie wir schaut er sich auch gerne Hurling spiele an. Fussball ist langweilig. Meint Charlie. Sobald er jeweils realisiert (Simon ruft dazu jeweils durch den ganzen Pub: „Charlie, they are Swiss!“), dass wir die Schweizer sind fragt er aber jedesmal, ob wir denn gut seien im Fussball? Ob „Whatever“ die richtige Antwort wäre?
Hier in Charlies Bar treffen wir nämlich zwei andere Locals. Die beiden sehen wir an diesem Tag bereits im „Chonoos“ in Clonakilty, als wir dort zum Essen sind.
Munster spielt im Rugby gegen ein Team aus Wales und den Iren gelingt tatsächlich in letzter Minute noch der Ausgleich. Was bei uns vieren fast einen wahren Jubelsturm auslöst. Nun sitzen die Beiden also ausgerechnet in „unserer“ Bar in Timoleague und wir kommen ins Gespräch.
Ob wir den Wissen wie man in Irland auf eine gestellte Frage antwortet und man diese nicht mit Ja oder Nein beantworten will? Wir wissen es nicht und so präsentiert der Eine sein T-Shirt, welches er unter seinem Pulli trägt. „Whatever“ steht dort in weissen Lettern.
„Kommst du morgen zum Tee zu mir?“ – „Whatever“. Vielleicht, vielleicht auch nicht. Verbindlich ist das nicht. So entwickeln wir ein Spiel und immer wieder fällt dieses Wort. Praktisch jede Frage oder Feststellung – wie zum Beispiel „Cola ist amerikanisch und nicht gut für die Gesundheit“ – kann mit „Whatever“ beantwortet werden.
Lustig ist es mit den Beiden und wir werden sie sicherlich wieder treffen. Entweder in Clonakilty oder in Timoleague.
Zum Tee.
Whatever.
Grüne Grüsse
Reto