Ich bin ein analoger Kelte.
Das sagt Mark Jischinski von sich selbst. Er ist Coach und Berater. Aber auch Schriftsteller. Und mit „Iren ist menschlich“ hat er uns ein irisches Tagebuch mitgebracht, welches einfach gelesen sein muss. Immer wieder.
Die erste Auflage des Buches ist im April 2015 im akadia Verlag erschienen und das Buch spielt sich während eines Irland-Urlaubes des Autors im Südwesten der Grünen Insel ab. Von seiner Basis in Dingle aus nimmt Mark den Leser auf eine wunderbare und sehr persönliche Reise am Ring of Kerry mit.
Dabei handelt es sich nicht etwa um einen Reiseführer. Vielmehr ist “Iren ist menschlich” ein Tagebuch, welches den Leser in die Gedankenwelt des Autors entführt und zum Nachdenken, zum Schmunzeln und herzhaftem Lachen einlädt.
Mit viel Gefühl und mit geschickter Schreibe entführt Mark den Leser nach Irland. Dabei setzt er sich nicht nur mit der irischen Landschaft, den Bewohnern und deren Geschichte auseinander, sondern zieht immer wieder seine Lebensweise und diejenige seiner Zeitgenossen mit in die Erzählung ein. Dabei wird an Kritik unserer heutigen Lebensweise nicht gespart.
So beschreibt Jischinski wunderbar, wie zwei junge Verkäuferinnen in einem Shop in Dingle sich herzlich wenig für ihn als Kunden interessieren. Sie tippen derweil lieber auf ihrem Smartphone herum, um die neusten Facebook Posts ihrer Freunde zu besprechen. Dabei ist er doch ein einsamer Tourist, welcher in der richtigen Aussenwelt gerade viele tolle Sinneseindrücke gesammelt hat. Ein Tourist, welcher das Rauschen des Meeres, das Kreischen der Möwen gehört hat und der den Geruch des Atlantiks wahrnimmt.
Wir sind miteinander durch elektronische Wunderkisten vernetzt, aber weltweit blöder, als wir es durch unsere virtuellen Seelenstrips zugeben würden. Schwarmintelligenz sieht im Zweifel anders aus. Inkontinente Apostel des alltäglichen Irrsinns, den wir so lange teilen, bis keiner mehr merkt, dass wir es geschafft haben, die Trivialität des Lebens durch etwas noch Dümmeres abzulösen. Die Freiheit eines leeren Geistes ist Grenzenlos.
Mark Jischinski
Autor von Iren ist menschlich
Ein wichtiger Teil des Tagebuches sind nicht nur Beobachtungen aus dem Alltag, sondern gelten dem Genuss. Seien es allerhand leckere, irische Nahrungsmittel. Oder auch mal ein bisschen Alkohol. Diesen gibt es in Irland ja reichlich.
Sei es im Pub das kühle Guinness oder im Cottage einen richtigen „Irish Coffee“. Der Autor ist in dieser Hinsicht kein Kostverächter. Was ihn schon alleine dadurch überaus sympathisch macht. Wie gesagt zieht sich auch gutes Essen wie ein roter Faden durch das Tagebuch. Bei Murphys Ice Cream in Dingle werden merkwürdig anmutende Sorten wie „Sea Salted, Real Guinness und Valhrona Chocolate“ nicht nur probiert, sondern Kugelweise verköstigt.
Nicht ohne sofort wieder ein schlechtes Gewissen zu haben.
Immer lustig zu lesen ist, wenn Jischinski über die Mittouristen abledert, welche mit Hang zur „Outdoor-Ausrüstung“ sich mitten im Sommer für den gröbsten Wintersturm kleiden. Mit feinen Stoffen von „Jack Wolfskin“ und „North Face“ begeben sie sich dann auf die Suche nach den 50 Schattierungen von Grün, welche es bekanntlich gibt.
Der Autor selbst begnügt sich eher mit einfacherer Kleidung, so wie sie die Iren selbst halt auch tragen. Da tut es eine gute Jeans und eine No-Name Fleece Jacke aus dem irischen Souvenirshop um die Besteigung des Carrantuohill – den höchsten Berg Irlands – in Angriff zu nehmen.
Mark Jischinski
Autor, Coach und Berater
„Sehr verbreitet ist bei den Touristen ganz offensichtlich der Hang zur Outdoor-Ausrüstung, so als würde kurz hinter Tralee das Basislager vom Mount Everest liegen“
Herrlich!
Obwohl Mark schon rein von Berufs wegen sich auch in der digitalen Welt bewegen dürfte, sagt er klar, dass die Schnelligkeit des Digitalen nicht seine Welt ist. Er bezeichnet sich deswegen als analoger Kelte.
Ein Irlandfan also, welcher sich soweit möglich von Smartphones, Computern und Facebook fernhält. Back to the Roots and to life ist sein Motto. Er träumt vom einfachen Glück, von purem Leben.
So beschreibt er in einem Abschnitt wie ein hartes, entbehrungsreiches Dasein im Irland der Vergangenheit gewesen sein müsste. Meditatives Fischen, Torfstechen. Die Natur erleben und spüren. Rückzug aus der schnelllebigen Welt, abtauchen in eine Welt ohne alle moderne Annehmlichkeiten, welche vermeintlich die Bedürfnisse befriedigen.
Genau damit dürfte der Autor den Nerv der Leser treffen.
Ist es am Ende dies, was viele Irlandurlauber auf der Grünen Insel suchen und zu finden hoffen? Den Besuch einer Insel des Rückzuges, eine Flucht aus der digitalen immer schneller und verrückter werdenden Welt? Ein – temporärer – Ausstieg in eine heile, grüne Welt?
Für mich jedenfalls ist dieses irische Tagebuch „Iren ist menschlich” auf gewisser Weise Seelenbalsam und Inspirationsquelle zu gleich. Es ist schön zu sehen, dass es Leute gibt, welche ähnlich Denken wie ich.
Deren die Konsumgesellschaft keinen Spass bietet, deren der Drang der Wirtschaft stetig zu wachsen zuwider ist und welche gemerkt haben, dass wir durch Regierung und Medien in Bewegung gehalten werden und diese uns laufend in Angst und Sorge halten.
Vielleicht ist das Tagebuch für viele Leser sogar ein Weg sich von den Zwängen der Gesellschaft – zumindest teilweise – zu befreien oder kurz zu entfliehen.
Innehalten.
Mark schreit zwar nicht laut „Befreie dich und werde analoger Kelte!“. Aber mit feiner Stimme und spitzer Feder hält er dem Leser nicht nur sein eigenes Verhalten in der heutigen Spass- und Konsumgesellschaft vor, sondern zeigt auch, dass es sich lohnt einfach zu Geniessen, die fünf mal Gerade sein zu lassen, zu Entspannen und die Seele baumeln zu lassen.
Mark Jischinski
Autor
„Laufe durch das Wasser und du wirst zum Wasser gelangen. Laufe durch das Leben und du wirst zum Leben gelangen.“
So kommt der Autor auch zum Schluss, dass er selbst die Summe aller seiner Lebensentscheidungen ist. Davon sind, wie er selbst sagt, immer ein paar Gut und einige zweite Wahl gewesen.
Wer sollte dieses sehr persönliche und tiefgründige irische Tagebuch nun lesen?
Der geneigte Irlandfan wird sich am Einen oder Anderen besuchten Ort – wie zum Beispiel den Cliffs of Moher oder einigen Dörfern am Ring of Kerry – wiederfinden. Er wird Freude an den blumigen und ausführlichen Beschreibungen der Eindrücke des Autors haben und sich umgehend auf die Grüne Insel versetzt fühlen.
Doch auch wer Irland (noch) nicht kennt wird sich selbst in diesem Buch finden und zum Nachdenken angeregt werden. Mark gelingt es vorzüglich alltägliche Beobachtungen in einen breiteren Kontext zu bringen.
Mir ist es nicht gelungen das Buch in einem Zug durchzulesen. Auch im zweiten Umgang nicht. Immer wieder bin ich stecken geblieben und habe über das Geschriebene nachgedacht.
Gibt es auch Abstriche bei diesem Buch? Selbstverständlich.
Dem einen oder anderen Leser werden die zum Teil sehr ausführlich beschriebenen „Schlemmereien“ und sogleich folgenden Entschuldigungen und Ausflüchte dafür zu viel sein.
Zudem haben sich einige Schreibfehler eingeschlichen. So wird auf Twitter nicht von „Tweeds“ gesprochen, sondern von „Tweets“. Tweed ist der Stoff aus dem die schönen, irischen Anzüge sind. Aber das sind Kleinigkeiten. Lassen wir auch hier die fünf Gerade sein.
Alles in allem ein absolut lesenswertes Buch – nicht nur für den Irlandfan. „Iren ist menschlich“ und nach der Lektüre wird mit Sicherheit dem Leser ein Licht aufgehen. Mich selbst hat es bewegt, zum intensiven Nachdenken angeregt und ich will versuchen – soweit wie möglich – auch ein analoger Kelte zu sein.
Bevor du auch einer wirst, bestelle hier das Buch „Iren ist menschlich“ bei Amazon. Und teile diesen Beitrag mit deinem sozialen Netzwerk.
Erledigt?
Jetzt darfst du analoger Kelte werden.
Zumindest bis zu deinem nächsten Besuch – hier auf Irland erleben.